Kevin Kelly hat in seinem Artikel
We Are The Web eine interessante Vision des Internets im Jahre 2015 skizziert: das Internet als globaler Computer, als unser Gedächtnis, unser Gehirn. Dabei musste ich etwas schmunzeln, denn mein erster Computer war ein C128. Tatsächlich habe ich das Teil wirklich noch auf dem Speicher rumstehen. Der Grund dafür ist, dass ich als Kind so einiges an kreativen Ergüssen auf nostalgischen Disketten gespeichert habe, die ich nicht verlieren möchte. Vor kurzem habe ich einmal überlegt, wie ich darauf zugreifen könnte... und siehe da: Selbst wenn ich jetzt den Computer wieder aufbauen würde, wüsste ich nicht einmal mehr, wie man ein Programm lädt (irgendwas mit ",8,1", so viel weiß ich noch...). Ich fürchte daher, dass meine kindlichen Ergebnisse verloren sind. Die Vorstellung von einem funktionierenden Datenarchiv, dass quasi unsere gesamte Kultur umfasst, mag zwar interessant sein, aber wie soll sie funktionieren, wenn wir unsere Technologien auf dem "Immer besser"-Prinzip aufbauen, das keine Abwärtskompatibilität mehr gewährleistet? Ich kann problemlos ein altes Buch lesen, aber es bereitet schon Probleme, eine alte Diskette zu öffnen oder ein Programm zu installieren, das mehr als 5 Jahre auf dem Buckel hat. Im Web sieht die Sache nicht viel anders aus... Obwohl das World Wide Web Consortium große Anstrengungen unternimmt, einheitliche Standards zu schaffen, halten sich erstaunlich wenige Leute daran. Browser interpretieren Code so, wie sie wollen oder lassen bestimmte Spezifikationen völlig außer Acht, Hersteller entwickeln eigene Formate, die schön viel Geld einbringen sollen und daher möglichst unkompatibel mit dem Bestehenden sein sollen, HTML-Kurse an der Uni erzählen einem, man solle font-Tags verwenden (ungeachtet dessen, dass sie als "unerwünscht" spezifiziert sind), Nutzer klicken sich ihre Homepage im WYSIWYG-Editor zurecht und haben keinen Peil, was ein HTML-Doctype ist... Natürlich bietet das Internet uns große Chancen. Wenn wir aber wirklich ein funktionierendes Archiv aufbauen wollen, müssen wir uns auch auf funktionierende Standards einigen. Wenn ich mir so die Wogen anschaue, die Usability und Accessibility so schlagen, und die Unterstützung, die etwa der Firefox-Browser bekommt, habe ich einige Hoffnung, dass uns das wirklich gelingen könnte. Ich bin gespannt.
JorniJorni - 14. Nov, 00:09